Zeiss "Teleminor" 50/540mm - oder: Selbstgebaute Skurrilitäten ...
seit 21.04.2018

Der "Papprollen-Zeiss"

Jaja, Not macht erfinderisch ... dies wurde auch bei diesem kleinen Zeiss offenbar. Zunächst aber ... eigentlich war ja nur ein Stativ im bekannten Kleinanzeigenportal inseriert. Mit irgendeinem Rohr drauf. Sah interessant aus, Okular wurde dann auch schnell als eines jener "bekannten" - von Herrn Lothar Späth ...  leider platt gemachtem - weltklassigem einheimischen Fernrohrhersteller identifiziert ... "Carl Zeiss Jena". Sehr sehr schade, dass es diesen phantastischen Hersteller im Amateursektor nicht mehr gibt. Naja, wenn das falsche Personal herumhasardieren darf ... ach lassen wir das.
Auf jeden Fall habe ich den Inserenten dann mal angeschrieben, etwas am Preis gedreht (die ganze Sache sah schon recht huddelig aus) und dann stand nach wenigen Tagen schon ein gut verpacktes Paket im Flur. Beim Auspacken kam dann gleich ein alter etwas moddriger Kellergeruch aus dem Paket ... erstmal das Stativ ausgepackt. Ich war der Überzeugung, dies müsse natürlich auch eines aus der Ex-DDR sein - so siehtes zumindest aus), sah mich aber eines Besseren belehrt: dies war ein Fabrikat der Firma "Gaumont" aus Paris. Und es ist recht stabil, auch wenn der Eindruck in der Anzeige zunächst einen eher "staksigen" Eindruck hinterliess. Als Fernrohr"aufnahmegabel" dient ein offensichtlich zersägtes Frühstücksbrettchen mit einem Holzklötzchen zum Anbringen an das Stativ. Lustig!
Lustig dann auch das Teleskop selbst ... na wenn das mal kein Klassiker ist (obschon in einer recht ungewöhnlichen Fertigungsweise ;-) ). Zunächst habe ich aber erstmal das Okular angesehen; der Verkäufer konnte nicht sagen, welche Brennweite das hatte ... ich hoffte auf ein 6er oder sogar 4er Ortho ... nun: es ist ein H-16mm. Gehörte aber auch zu dem seinerzeit in der DDR verkauften Bausatz. Dann das Objektiv angesehen: man konnte es vorsichtig aus der Vorderseite des Papptubusses herausholen: das bekannte 50/540er C-Objektiv Jenascher Fertigung. Stehend vor Staub und Siff.
Der Tubus selbst iust eine Konstruktion aus drei ineinandergesteckten Papprollen unterschiedlichen Durchmessers; so daß sowohl objektivseitig als auch okularseitig so etwas wie eine "Schiebefokussierung" möglich ist. Am okularseitigen Ende ist dann noch die bekannte Zeiss-Plastik-Okularaufnahmehülse recht robust in das dicke Papprohr reingedreht; hält aber gut. Der Papptubus wird vermittels eines unter diesem angebachten weiteren Holzklötzchens dann an der Frühstücksbrettergabel angebracht, so daß man dann eine einfache azimutale Montierung hat.
Erster Blick durchs Röhrchen auf den Mond: enttäuschend. Naja, mit siffigen Optiken ist auch nichts anderes zu erwarten. Also, raus altes Objektiv auseinandergeschraubt und gereinigt. Und ... aha ... die Linsen richtig herum eingesetzt. Da war wohl mal jemand dran ... Auch das Okular gereinigt und dann wieder - nun alles richtig herum - in die Papprolle eingesetzt. Und ... ? Sooo erwartet man es ... so kennt man es: bombiges Bild vom Mond. Okay, Vergrößerung ist natürlich mit 34fach nun nicht extrem. Aber schon knackescharfe, das Ganze.
Dann gab es eine Unterbrechung (musste ja weiter für das ITV 2018 packen ... ) uns später wieder auf den Balkon. Leider hat der intensive Flugverkehr über dem Stuttgarter Raum dann für eine üble "Verzirrung" des Himmels gesorgt (was da oben an Flugverkehr los ist ... :-/ ) so daß der Mond fast schon hinter den Zirren verschwand. Aber einen Test gab es dann doch: Jene einige hundert Meter entfernte Birnen, auf denen sich schöne Reflexe der bald untergehenden Sonne zeigten: als 5er Vixen-Ortho rein, V=108 fach und es zeigten sich die "lehrbuchmäßigen" Beugungsringe um diese Reflexe. Da deutet sich schon hohe Qualität an.
Auch wenn ich ein Anhänger klassischen Zustandes bin, ich denke, die Papprolle wird über kurz oder lang Vergangenheit sein. Da hat dieses schöne Objektiv einfach etwas Besseres verdient. Und wenn es das Unterbringen in einem der bekannten 60er Japantuben sein wird ... mal sehen.

Da habe ich für das nahende ITV wohl ein kleines Projekt; mal sehen, was draus wird. ;-) !


Zeiss C50/540mm    Zeiss C50/540mm   

Zeiss C50/540mm    Zeiss C50/540mm   

Zeiss C50/540mm    Zeiss C50/540mm   


Na, am ITV wurde es dann nichts ... aber dann danach: Ich hatte ja noch einen alten Bresser 60/800er Tubus herumliegen ... hmmmh, damit müsste doch "was gehen". Und ... ging auch. Das Zeiss-Objektiv hat in Fassung einen Aussendurchmesser von 57mm, der Tubus einen Innendurchmesser von 60mm. 3mm Differenz ... das ist dann zu "schaffen" .... Zunächst aber mal: der zu lange Tubus war zu kürzen. Ich musste zudem noch in den Baumarkt, n paar Teile holen ... vielleicht kann man das ja dort machen lassen? Also, Tubus vermessen ... hin da und ... siehe da: da war dann eine Säge zur allgemeinen Verwendung, die dann auch gleich mal herhalten musste. Bingo. Teil 1 - Tubus kürzen: erledigt. Ich besorgte dann noch n paar Teile und dann den KM zurückgelaufen. Zuhause dann die drei Löcher für den Plastik OAZ gebohrt ... mit ein klein bischen Gewurschtel klappte das dann auch, wie auch die Löcher für den Sucher. und die Aufnahme an die "Gabelmontierung".
Die 3mm Differenz zwischen Objektiv und Tubusinnenseite wurden dann mit Pappe überwunden - und das Objektiv "saugend" in den Tubus geschoben, um dann mit durchsichtigem Paketklebeband gegen Verrutschen - erfolgreich! - fixiert zu werden. Der etwas verschrammelte Tubus wurde - okay mehr schlecht als recht - mit weisser DCFix-Folie überklebt, das geht aber noch besser. Die alte Taukappe konnte auch noch wieder vorn draufgeschoben werden, so daß das Ganze nun so "richtig" nach einem Teleskop aussieht. Nach Anbringen des alten Plastik-OAZ mit seiner 0"96 Aufnahme ist das Teil komplett. Der OAZ läuft mit den kleinen Okularen sogar recht gut. Dann habe ich da noch einen alten 5x24er Sucher aus der Kruschtelkiste draufgesetzt; ist zumindest etwas besser, als ganz ohne Sucher.
Perfekterweise passt der Tubus genau in die Schelle der alten "Weltblick"-Montierung, die ich noch zu liegen habe. Das komplettiert das kleine "Ensemble".

Zeiss C50/540mm    Zeiss C50/540mm   

Zeiss C50/540mm    Zeiss C50/540mm   


Erste Beobachtungen fielen dann auch sofort zur vollsten Zufriedenheit aus: mit Okularen zwischen 25 und 5mm Brennweite (V=22x-108x): Trotz der als durchaus improvisiert zu bezeichnenden Befestigung des Objektivs im Tubus: Beugungsringe "wie aus dem Bilderbuch". Der Mond: auch bei 108fach knackescharf, Jupiter detailreich (für die 50mm Öffnung) und seine Monde als "ausgestanzte" Punkte erkennbar. Und auch "die" Test-Doppelten in der Leier; epsilon 1 und 2 (2"3 & 2"7), wurden getrennt. Da die Taukappe auch einen Extra-Durchlass mit 30mm Öffnung hat, kann man hier für kurzzeitige Beobachtungen der Sonne dann auch mal auf den ansonsten zu vermeidenden Okular-Einraubsonnenfilter zurückgreifen.

Blöderweise habe ich den Lütten dann verkauft. Ein Fehler. Na, die Suche nach nem Nachfolger läuft schon.
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